Den Politik-Stau durch mehr Transparenz in den Amtsstuben beenden, 27.08.2015: 

Politik verspielt ihre Glaubwürdigkeit in der Dauer-Nabelschau

Die Politik kommt aus dem Dauerstau nicht raus - noch mehr: Die Politik steckt in einer Endlosschleife, in einer Dauer-Nabelschau, und übertrifft eigene Rekorde der Ergebnislosigkeit permanent.

Ein plakatives Beispiel der Ergebnislosigkeit ist der Tagesordnungspunkt 2 "Gespräch mit dem Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz, Heiko Maas, dem Generalbundesanwalt, Harald Range, dem Bundesminister des Innern, Dr. Thomas de Maizière, und dem Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Dr. Hans-Georg Maaßen, zu den Ermittlungen gegen Journalisten von netzpolitik.org" der 63. Sitzung des Bundestagsausschusses Recht und Verbraucherschutz am Mittwoch am 19. August 2015 - Maas und Range bleiben widersprüchlich.

An diese Ergebnislosigkeit in den höchsten Gremien der parlamentarischen Demokratie in Deutschland müsste sich die Öffentlichkeit in den letzten Jahren inzwischen gewöhnen. Als Beispiel sei die "versehentliche" Schredderung von wichtigen Akten im Zuge der NSU-Affäre genannt. Im Nachhinein kann aber kein parlamentarischer Ausschuss feststellen, warum die Akten ausgerechnet dann, als diese Akten so wichtig geworden sind, geschreddert wurden. Auch ist nicht mehr feststellbar, wer Dienstgeheimnisse im Zuge der Edathy-Affäre verraten hat. Und, und, und, ... Die Liste kann beliebig erweitert werden.

Justizminister Maas hat sich mit dem Aussitzen-Virus angesteckt

Es ist nachvollziehbar, warum der Justizminister Maas in der "netzpolitik.org"-Affäre bereits am Anfang der Ermittlungen keine klare Position bezogen hat, ob er für die Stärkung der Pressefreiheit oder für die Stärkung der Sicherheitsorgane ist. Erst eine öffentliche Empörung im Laufe der "netzpolitik.org"-Affäre hat den SPD- Politiker gezwungen zu handeln. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass damit der Justizminister die Chance verspielt hat, eigenes Profil zu zeigen. Es scheint, dass der Justizminister sich mit dem Aussitzen-Virus von der Bundeskanzlerin angesteckt hat: die Profillosigkeit als Führungsstil. Diese Profillosigkeit verunsichert und spaltet die Menschen - in linke und rechte Gruppierungen. Die Probleme werden von der Politik nicht angegangen, nicht thematisiert, sondern sich selbst überlassen. Und die Öffentlichkeit hat im Nachhinein keine Möglichkeit festzustellen, was bestimmte Amtspersonen für die Problemlösungen unternommen oder unterlassen haben, wie die "netzpolitik.org"-Affäre zuletzt gezeigt hat. Es bleibt viel Raum für Spekulationen.

Transparente Behörden mit niederschwelligen Kommunikations-möglichkeiten für die Bürger

Die Profillosigkeit ist nicht zuletzt die Ursache dafür, dass der Politik-Stau sich verfestigt. Die politischen Parteien versprechen sich vermutlich von der Profillosigkeit den Vorteil, dass sie keine Wählergruppen durch klare Aussagen verscheuchen. Transparente Behörden mit nieder-schwelligen Kommunikationsmöglichkeiten für die Bürger könnte ein Ausgleich für das führungsschwache Personal in den Parteien zwischen den Wahlterminen sein und einen frischen Wind in die Amtsstuben bringen, um die aktuell übliche undurchsichtige Hinterzimmer-Politik und dadurch verursachten Politik-Stau zu beenden.

Die Politik hinkt naturgemäß den technischen Entwicklungen hinterher. Viele Bürokraten in den Amtsstuben nutzen diese Chance und verhindern mit allen Mitteln, dass die Bürger sich über die Vorgänge im Gemeinwesen informieren können. So etablieren diese Bürokraten Abseits der im Grundgesetz verankerten Werte ihre eigene Bürokratenstaate und sorgen für noch mehr Politikverdrossenheit. Es ist höchste Zeit, dass die Politik handelt und zeitgemäße bürgerfreundliche Regeln für die Kommunikation mit dem Staat etabliert und damit der Behördenwillkür einen Riegel vorschiebt.

Quellen

[1] Archiv der Tagesordnungen des Bundestagsausschusses Recht und Verbraucherschutz - http://www.bundestag.de/bundestag/ausschuesse18/a06/tagesordnungen/archiv
[1.1] 63. Sitzung am Mittwoch, 19. August 2015, 8.00 Uhr - nicht öffentlich. Tagesordnungspunkt 2: Gespräch mit dem Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz, Heiko Maas, dem Generalbundesanwalt, Harald Range, dem Bundesminister des Innern, Dr. Thomas de Maizière, und dem Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Dr. Hans-Georg Maaßen, zu den Ermittlungen gegen Journalisten von netzpolitik.org
[2] Maas und Range bleiben widersprüchlich, 19.08.2015 - http://www.zeit.de/politik/deutschland/2015-08/netzpolitik-affaere-heiko-maas-harald-range-widerspruch-rechtsausschuss
[3] Welche Rolle spielt das Justizministerium? 03.08.2015 - http://www.mdr.de/nachrichten/anzeige-range-maas100.html
[4] Rettet Bürgerbefragung die Demokratie? 25.08.2015 - http://www.deutschlandradiokultur.de/volksentscheid-rettet-buergerbefragung-die-demokratie.1005.de.html?dram:article_id=329168
[5] Volksentscheide sind organisierte Verantwortungslosigkeit, 05.07.2011 - http://www.deutschlandradiokultur.de/volksentscheide-sind-organisierte-verantwortungslosigkeit.1005.de.html?dram:article_id=159331
[6] Qualitätsstandards bei der Vergabe, Erstellung von Gutachten sowie beim Umgang mit Gutachtenergebnissen [#11076] - https://fragdenstaat.de/a/11076


Dieser Artikel wurde lektoriert von R. von Barghorn